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Chronische Unterbauchschmerzen (chronic pelvic pain)

Chronische Unterbauchschmerzen entwickeln sich in der Regel aus akuten Schmerzzuständen unterschiedlichster Herkunft und betreffen immerhin fast 10% aller Frauen. Männer sind sehr, sehr selten betroffen.

Ursache

Chronische Unterbauchschmerzen entstehen, wenn ursprünglich akute Schmerzen nach 3 bis 6 Monaten in ein chronisches Schmerzbild mit hohem Leidensdruck übergehen und gehören damit neurophysiologisch gesehen zum Formenkreis des chronisch, regionalen Schmerzsyndroms.

Die Ursachen für chronische Unterbauchschmerzen sind vielfältig und reichen von Reizdarm, Endometriose, Entzündungen im Becken oder Blase bis zu psychischen Problemen. Radiologische Untersuchungen oder Laboranalysen sind in der Regel nicht aufschlussreich, sollten allerdings zur Planung der unterschiedlichen Behandlungsansätzen und Ausschluss chirurgisch-sanierbarer Ursachen auf alle Fälle durchgeführt werden.

Begleitsymptome

Was Ursache ist, kann gleichzeitig aber auch Begleitsymptom chronischer Unterbauchschmerzen sein. Symptome wie Reizdarm, interstitielle Harnblasenentzündung, Endometriose entwickeln sich auch regelmäßig auf Basis chronischer Unterbauchschmerzen. Interstitielle Blasenentzündung kann aber auch ein Reizdarmsyndrom auslösen oder verstärken, all das ist bei einem regionalen Schmerzsyndrom möglich. Deshalb ist es oft nicht einfach, Ursache und Begleitsymptom von einander korrekt abzugrenzen.

Anatomische Veränderungen durch Bandscheibenvorwölbungen mit Einengung oder Bedrängung der Nervenwurzeln, rückenmarksnahe Zysten, direkte oder indirekte Bedrängung der peripheren Nerven (z.b. Nervus pudendus), einfache Entzündungen, Muskelverspannungen, gynäkologische Erkrankungen, … all das kann Auslöser diffuser, akuter Unterbauchschmerzen sein, die nicht oder nicht ausreichend behandelt, zu chronischen Schmerzen werden können.

Eine ungewöhnliche, aber leicht zu behandelnde Ursache der chronischen Unterbauchschmerzen ist das sog. „Chronic Pelvic Congestion“ Syndrom. Hier sind die auffallend ausgeweiteten, prall gefüllten Venen im kleinen Becken für die diffusen Schmerzen verantwortlich.

Je größer das Schmerzareal ist, manches Mal dehnen sich die Beschwerden bis zum Zwerchfell und in die Oberschenkel aus, umso wahrscheinlicher ist eine dominante psychische Belastung.

Frauen mit chronischen Unterbauchschmerzen sind signifikant wahrscheinlicher von Depression, Angstzuständen und Schlafstörungen betroffen als ohne dieser chronischen Schmerzen. Wiederholter Traumen, z.B. sexueller Missbrauch in der Anamnese erklären sowohl die körperlichen Folgen chronischer Unterbauchschmerzen, als auch die posttraumatischen, psychischen Stressfolgen.

Chronische Unterbauchschmerzen treten bei Patient:innen mit Nikotinkonsum, schlechter psychischer Gesundheit und wiederholten Entzündungen im Unterbauch, sei es urologisch, gynäkologisch oder im Darm, gehäuft auf.

Untersuchung

Anamnestisch sind nach einer exakten Erhebung bisheriger Operationen die genaue Ausdehnung der Schmerzen und die Schmerzqualität (Hyperalgesie, Allodynie, Hyperästhesie, …) zu ermitteln. Interessant für die weiteren diagnostischen wie therapeutischen Schritte ist auch, ob die Schmerzen zyklisch, episodisch oder permanent sind, ob die Schmerzen im Zusammenhang mit Regelblutung, Urinieren, Stuhl absetzen, Geschlechtsverkehr auftreten, wann die Schmerzen nachlassen und wann sie schlimmer werden.

Behandlung

Die Behandlung des chronischen Unterbauchschmerzes ist das Paradebeispiel eines Schmerzsyndroms, bei dem die enge Kooperation vieler Fach- und Berufsgruppen unbedingt nötig ist. Neben einer gynäkologischen, urologischen, allgemeinchirurgischen Abklärung ist auch ein häufiger psychologischer Aspekt bei der Suche nach der zugrunde liegenden Ursache zu berücksichtigen.

Oft hilft gegen die akuten Schmerzen schon die kontinuierliche Einnahme der üblichen nicht-steroidalen Schmerzmedikamente (Ibuprofen, Dexibuprofen, Naproxen, Diclofenac, …). Sind die Schmerzen zykluskonform, ist eine gynäkologische Unterstützung bei der Schmerztherapie auch mit Hilfe von Hormonpräparaten zielführend.

Wenn sich auf absehbare Zeit keine entscheidende Besserung einstellt oder die Schmerzen bereits chronisch sind und neuralgiformen Charakter haben, d.h als einschießend, spitz, elektrisierend oder bamstig, taub beschrieben werden, wird das Therapiekonzept um Antidepressiva und Antiepileptika erweitert, wie es bei der Behandlung neuralgiformer Schmerzen üblich und hilfreich ist.

Wird eine Nerveneinklemmung nahe der Wirbelsäule durch eine Bandscheibe oder weiter in der Peripherie durch eine Muskelenge vermutet, kann die entsprechende Nervenwurzel oder der Nerv selbst mittels Ultraschall identifiziert und mit Lokalanästhesikum sowie Kortison umspült werden. Eine solche Nervenblockade ist sowohl diagnostisch (ist der Nerv tatsächlich an den Schmerzen schuld?), als auch therapeutisch schmerzlindernd. Die Dauer der Schmerzreduktion ist allerdings wie bei sämtlichen Infiltrationen mit Lokalanästhetikum absehbar.

Nicht-medikamentöse Ansätze sind wesentlich und hilfreich bei der Durchbrechung der Schmerzkreislaufs und Auslöschung des Schmerzgedächtnisses. Je nach vermutetem Ursprung und Mitbeteiligung sind auch physiotherapeutische und/oder psychologische Behandlungsversuche integraler Bestandteil einer funktionierenden Behandlung. Besonders Biofeedback hat sich bei der psychologischen Schmerzbehandlung etabliert, aber auch klassische Verhaltenstherapie kombiniert mit unterschiedlichen Entspannungstechniken und Yoga werden von den Patient:innen gerne und bereitwillig angenommen und zeigen gute Erfolge.

Ziel ist stets, den Patient:innen offen und informativ zur Seite zu stehen, sie über einen längeren Therapiehorizont aufzuklären, um langfristig die Lebensqualität durch medikamentöse, invasiv, psychologische und physiotherapeutische Ansätze zu erhöhen.

Nur für die Fälle, in denen Ursachen der chronischen Unterleibsschmerzen  dezidiert keine primären psychischen Gründe hat, und selbst mit Ausnützung sämtlicher medikamentösen und invasiven Methoden keine ausreichende Besserung der Lebensqualität zu erreichen ist, bleibt noch immer die Behandlung mittels Schmerzschrittmacher. Obgleich die Risiken des Schmerzschrittmachers sehr gering sind, bleibt dieses Verfahren auf die besonders hartnäckigen Fälle reserviert.

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